Dark Patterns und NGOs: Ethik im Kontext von Behavioral Design

Im modernen Fundraising spielen Verhaltensdesign und psychologische Prinzipien eine zunehmend wichtige Rolle. Behavioral Design bietet NGOs die Möglichkeit, Spender*innen auf effektive und durchdachte Weise zu motivieren. Doch während positive Methoden wie „Nudging“ Spender*innen sinnvoll beeinflussen können, gibt es auch eine dunklere Seite: sogenannte „Dark Patterns“. Diese manipulativen Designelemente nutzen bewusste Täuschung, um Nutzer*innen zu Handlungen zu bewegen, die nicht in ihrem Interesse sind. Dies kann kurzfristige Erfolge bringen, birgt jedoch erhebliche Risiken, insbesondere für das Vertrauen und die langfristige Bindung von Spender*innen. 

In diesem Artikel untersuchen wir, was Dark Patterns im Kontext von NGOs bedeuten, wie sie sich von ethischem Behavioral Design unterscheiden und welche Beispiele aus der Praxis zeigen, wie NGOs sowohl positiv als auch negativ Einfluss auf ihr Publikum nehmen können. Abschliessend bieten wir Handlungsempfehlungen, um ethische Praktiken im Fundraising zu fördern.

 

Was sind Dark Patterns und wie unterscheiden sie sich von Behavioral Design?

Behavioral Design zielt darauf ab, das Verhalten von Menschen zu beeinflussen, indem psychologische Prinzipien genutzt werden, um Entscheidungsprozesse zu gestalten. 10 Techniken des Behavioral Design im positiven Sinn haben wir in unserem Artikel beschrieben: 10 Behavioral Design Techniken, mit denen NGOs mehr Spenden generieren. Ein klassisches Beispiel im Fundraising ist das Setzen von sozialen Beweisen („Social Proof“), bei dem durch die Darstellung von Unterstützung durch andere potenzielle Spender*innen motiviert werden. Eine Studie in The Agitator zeigt jedoch, dass diese Technik eine „zweischneidige Klinge“ sein kann: Zwar kann sie Spender*innen motivieren, sie kann aber auch zu einem Gefühl der Überflüssigkeit führen, wenn der Eindruck entsteht, dass bereits genug Hilfe geleistet wurde .

Dark Patterns hingegen sind bewusste, manipulative Designelemente, die darauf abzielen, Menschen zu Entscheidungen zu bewegen, die nicht in ihrem besten Interesse sind. Eine EU-Studie fand heraus, dass fast alle beliebten Webseiten solche Taktiken einsetzen, um Nutzer*innen zu bestimmten Handlungen zu verleiten, wie z.B. Käufe oder Abonnements, die sie vielleicht gar nicht wollen. Im Kontext von NGOs können Dark Patterns nicht nur das Vertrauen der Spender*innen untergraben, sondern auch den Ruf der Organisation langfristig schädigen.

 

Warum sind Dark Patterns problematisch für NGOs?

NGOs arbeiten in einem Umfeld, das stark auf Vertrauen und Transparenz basiert. Spender*innen unterstützen NGOs, weil sie an deren Mission glauben und sich sicher fühlen, dass ihre Beiträge verantwortungsvoll eingesetzt werden. Wenn NGOs jedoch auf manipulative Designtaktiken zurückgreifen, riskieren sie, das Vertrauen ihrer Unterstützer*innen zu verlieren.

 

Vertrauensverlust und ethische Verantwortung

NGOs haben eine besondere ethische Verantwortung, da sie oft für soziale oder moralische Zwecke eintreten. Der Einsatz von Dark Patterns steht im Widerspruch zu diesen Prinzipien und kann dazu führen, dass sich Spender*innen ausgenutzt und getäuscht fühlen. Transparenz und Ehrlichkeit sind entscheidend, um langfristige Beziehungen aufzubauen. Wenn eine NGO ihre Unterstützer*innen manipuliert, etwa durch versteckte Abonnements oder irreführende Dringlichkeit, könnte dies zu einem dauerhaften Imageverlust führen.

 

Kurzfristiger Erfolg, langfristige Schäden

Dark Patterns mögen kurzfristig zu höheren Spenden führen, da sie Menschen unter Druck setzen oder irreführen. Langfristig jedoch schaden sie der Spender*innen-Bindung, da Menschen, die sich getäuscht fühlen, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erneut spenden und möglicherweise negative Erfahrungen weitergeben. NGOs laufen Gefahr, ihre Spender*innen zu entfremden, was die Mission letztlich gefährden kann.

Die Website booking.com nutzt Verknappung und Zeitdruck, um Menschen zu schnellen und unüberlegten Buchungen zu verleiten - ein Dark Pattern.

Beispiele für Dark Patterns im NGO-Kontext

Es gibt mehrere spezifische Dark Patterns, die NGOs in ihrer digitalen Kommunikation und ihren Fundraising-Methoden einsetzen können – bewusst oder unbewusst. Hier einige typische Beispiele:

 

1. Versteckte Abonnements bei regelmässigen Spenden

Viele NGOs bieten sowohl einmalige als auch regelmässige Spendenoptionen an. Ein Dark Pattern kann darin bestehen, dass die Option für eine regelmässige Spende voreingestellt ist, ohne dass die Nutzenden dies klar erkennen. Diese Praxis kann Spender*innen in eine Dauerspende hineinziehen, das sie möglicherweise gar nicht wollten.

Beispiel: Die Schaltfläche für „Monatlich spenden“ ist hervorgehoben, während die einmalige Spendenoption weniger sichtbar oder gut versteckt ist. Obwohl dies häufig angewandt wird und oft zu keinen Problemen führt, kann es sein, dass Spender*innen unbewusst eine monatliche Spende abschließen und sich dann beschweren. In solchen Fällen sollte das Design oder die Voreinstellung verändert werden.

 

2. Schwierige Opt-out-Optionen

Ein weiteres Dark Pattern besteht darin, den Prozess, um sich von einer Dauerspende oder einer Mailingliste abzumelden, absichtlich zu erschweren. Dies kann durch versteckte Optionen oder unnötig komplizierte Schritte geschehen.

Beispiel: Eine Nutzerin möchte ihre monatliche Spende kündigen, aber die „Kündigen“-Option ist tief in den Einstellungen verborgen, und es werden mehrere Bestätigungen oder sogar ein Anruf erforderlich, um den Prozess abzuschliessen.

 

3. Irreführende Dringlichkeit oder emotionale Manipulation

NGOs nutzen häufig emotionale Appelle, um Spenden zu generieren, was legitim ist. Wenn jedoch übertriebene Dringlichkeit erzeugt oder die Informationen verzerrt werden, um die Nutzer*innen unter Druck zu setzen, kann dies als Dark Pattern betrachtet werden.

Beispiel: Ein Pop-up auf der Spendenseite zeigt eine Nachricht wie „Nur noch 2 Stunden, um zu spenden“, obwohl die Kampagne fortlaufend ist und kein tatsächlicher Zeitdruck besteht.

 

Handlungsempfehlungen für NGOs: Ethisches Behavioral Design

Damit NGOs das Vertrauen ihrer Unterstützer*innen bewahren und ethisch fundierte Fundraising-Praktiken anwenden, sollten sie folgende Ansätze berücksichtigen:

 

  1. Transparenz über Spendenoptionen: Dauerspenden sollten klar und transparent erklärt werden. Voreinstellungen im Spendenformular sind ok, allerdings sollte dies im Design klar ersichtlich und änderbar sein.

   

  1. Einfache Opt-out-Prozesse: Die Möglichkeit, Spenden zu stoppen oder sich von Mailinglisten abzumelden, sollte leicht zugänglich und unkompliziert sein, ohne unnötige Hürden.

 

  1. Vermeidung von emotionaler Manipulation: NGOs sollten emotionale Appelle nutzen, aber dabei immer authentisch bleiben. Dringlichkeit sollte nur dann erzeugt werden, wenn sie tatsächlich gegeben ist.

 

  1. Nutzung von Behavioral Design für positive Effekte: Statt auf manipulative Dark Patterns zu setzen, können NGOs psychologische Prinzipien wie Nudging ethisch anwenden, um Spender*innen zu motivieren. Ein gutes Beispiel ist die Verwendung von Social Proof – jedoch sollte darauf geachtet werden, dass dies nicht das Gefühl vermittelt, der eigene Beitrag sei gar nicht mehr so wichtig.

 

Gute Werkzeuge können auch schlecht verwendet werden

Dark Patterns sind verführerisch, da sie kurzfristige Erfolge bringen können. Doch für NGOs, die auf das Vertrauen ihrer Unterstützer*innen angewiesen sind, können diese manipulativen Designelemente zu langfristigen Schäden führen. Durch den Einsatz von ethischem Behavioral Design können NGOs auf transparente und faire Weise mit ihren Spender*innen interagieren und so eine starke, vertrauensvolle Bindung aufbauen, die ihre Mission nachhaltig unterstützt.

 

Mehr zum Thema:

derstandard.at 

The Agitator

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