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Konzentration statt Diversifizierung: Warum NGOs auf wenige Einnahmequellen fokussieren sollten (US-Studie)

Für viele NGOs und gemeinnützige Organisationen in Europa gilt die Diversifizierung der Einnahmequellen als der Königsweg zum finanziellen Erfolg. Die gängige Meinung lautet: Je mehr verschiedene Quellen für Einnahmen erschlossen werden, desto stabiler und nachhaltiger wird das finanzielle Fundament der Organisation. Doch eine neue Studie aus den USA stellt dieses Prinzip infrage. Die Untersuchung zeigt, dass gerade die Konzentration auf eine oder höchstens zwei Einnahmequellen der Schlüssel zu signifikantem Wachstum sein kann.

 

Die Studie im Überblick

Die Studie von Bridgespan, die auf einer Analyse von 297 US-amerikanischen NGOs basiert, die seit 1990 gegründet wurden und mittlerweile über 50 Millionen US-Dollar Jahresumsatz erzielen, bringt bemerkenswerte Erkenntnisse zutage. Bereits 2007 wies eine ähnliche Studie darauf hin, dass über 90 Prozent der “wirklich großen“ NGOs den Großteil ihrer Mittel (60 %) aus einer einzigen Kategorie von Geldgebern, wie etwa Unternehmen oder staatlichen Stellen, erhielten. Diese Tendenz hat sich bis heute kaum verändert.

Auch in der aktuellen Analyse zeigt sich, dass 269 der 297 untersuchten Organisationen – also über 90 Prozent – eine dominante Einnahmequelle haben, die mindestens 60 Prozent des Gesamteinkommens ausmacht. Besonders auffällig ist, dass Regierungen, Einnahmen aus Verkäufen und Unternehmensspenden nach wie vor die wichtigsten Kategorien darstellen, während die Rolle der Philanthropie als dominante Einnahmequelle deutlich zugenommen hat. Die untersuchten Organisationen waren fast zur Hälfte im Gesundheits- oder Bildungsbereich tätig.

 

Grafik Einnahmequellen NGOs

Was bedeutet das für europäische NGOs?

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass der Fokus auf wenige, aber starke Einnahmequellen ein effektiver Weg ist, um als gemeinnützige Organisation zu wachsen. Anstatt sich auf viele verschiedene Quellen zu verteilen, könnte es für europäische NGOs sinnvoller sein, ihre Ressourcen und Anstrengungen auf ein oder zwei Haupteinnahmequellen zu konzentrieren. 

Hier erfährst Du mehr über die Top-Einnahmequellen, die die Studie identifiziert hat:

 

  1. Regierungsmittel: Für viele NGOs, insbesondere im Bildungs- und Sozialbereich, stellen staatliche Mittel eine natürliche und stabile Finanzierungsquelle dar. Regierungen sind oft bereit, für Dienstleistungen zu zahlen, die im öffentlichen Interesse liegen, aber nicht direkt von staatlichen Stellen erbracht werden. Für Organisationen in diesen Bereichen könnte es strategisch sinnvoll sein, sich auf das Einwerben von staatlichen Fördergeldern zu spezialisieren und entsprechende Kompetenzen im Bereich Lobbying und technische Antragsstellung aufzubauen. Für 40 % der NGOs in der Studie sind Regierungsmittel die Finanzierungsquelle Nummer Eins.

 

  1. Einnahmen aus Verkäufen: Dienstleistungen, für die Nutzer*innen bereit sind zu zahlen (z. B. Beratungstätigkeiten, Workshops, etc.), bieten eine weitere vielversprechende Einnahmequelle. Dies gilt besonders für NGOs im Bildungs- und Gesundheitssektor. Diese Organisationen sollten ihre Produktentwicklung, Preisstrategien und Marketingfähigkeiten stärken, um diesen Einnahmestrom zu maximieren. Immerhin ganze 30 % der untersuchten Organisationen haben den Großteil ihrer Finanzierung durch diese Quelle.

 

  1. Unternehmensspenden: Unternehmensspenden bieten eine solide Grundlage, insbesondere in Form von Sachspenden, wie zum Beispiel kostenlose Werbeflächen oder medizinischer Bedarf. Organisationen sollten strategische Partnerschaften mit Unternehmen anstreben, die bereit sind, Material oder Dienstleistungen bereitzustellen, die in ihren Projekten gebraucht werden. 14 % der untersuchten NGOs nennen Unternehmensspenden als ihre Haupt-Finanzierungsquelle.

 

  1. Philanthropie: Eine interessante Entwicklung ist die zunehmende Bedeutung von Großspenden (über 10.000 US-Dollar) von Stiftungen und Einzelpersonen. NGOs, die sich auf Philanthropie als Haupteinnahmequelle konzentrieren, sollten langfristige Beziehungen zu großen Spender*innen aufbauen und sich auf mehrjährige finanzielle Verpflichtungen konzentrieren. Sonst laufen sie Gefahr, finanziell instabil zu werden. Besonders Organisationen, die sich mit Themen wie Gerechtigkeit und sozialem Wandel beschäftigen, könnten von dieser Finanzierung profitieren. Für 12 % der NGOs in der Studie ist Philanthropie mittlerweile besonders wichtig, in der Studie von 2007 waren es nur 2 %.
It is concentration on a single revenue category, not diversification across multiple categories, that is overwhelmingly the path to growth.
Stanford Social Innovation Review A New Look at How Nonprofits Get Really Big

Die richtigen Fähigkeiten und Infrastrukturen aufbauen

Die Studie unterstreicht, dass es nicht nur darum geht, eine für die Organisation passende Einnahmequelle zu identifizieren, sondern auch darum, die richtigen Fähigkeiten und Infrastrukturen aufzubauen, um diese Quelle effektiv zu erschließen. Organisationen, die erfolgreich staatliche Mittel einwerben, zeichnen sich beispielsweise durch starke Lobbyarbeit, präzise Antragsstellung und strikte Einhaltung von Vorgaben aus. Hingegen erfordert das erfolgreiche Einwerben von Kleinspenden eine starke Markenkommunikation, Marketingkenntnisse und eine professionelle Zahlungsabwicklung. Mehr Informationen zu den verschiedenen Finanzierungsquellen gibt es hier: Bridgespan: How Nonprofits Get Really Big 

 

Schlussfolgerung: Weniger ist mehr

Für europäische NGOs, die ein signifikantes Wachstum anstreben, könnte es sinnvoll sein, die Diversifizierungsstrategie zu überdenken. Die Konzentration auf ein oder zwei starke Einnahmequellen, gepaart mit dem Aufbau spezialisierter Kompetenzen, könnte der Schlüssel sein, um langfristig erfolgreich zu sein. Diese Studie zeigt, dass das Erfolgsrezept vieler großer US-amerikanischer Nonprofits in der Fokussierung liegt – ein Ansatz, der auch für europäische Organisationen relevant sein könnte.

Es ist an der Zeit, sich auf das zu konzentrieren, was man am besten kann, herauszufinden, wer dafür bezahlt, und sich darauf zu spezialisieren, diese Einnahmequelle optimal zu nutzen. Weniger Diversifizierung, mehr Fokus – das könnte das Geheimnis für nachhaltigen Erfolg im Fundraising sein.

 

Hier gehts zur Studie von 2007: How Nonprofits Get Really Big

Und hier zur Studie von 2024: A New Look on How Nonprofits Get Really Big

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