Spender aktivieren durch Storytelling
Wie Erzählstruktur Ihre Story zu einem Erlebnis mit Happy End macht
Storytelling – das Geschichten erzählen – ist als Modewort in aller Munde. Doch was steckt dahinter? Sind wir nicht alle ohnehin “Storyteller”, liegt das Erzählen nicht im Kern unseres Menschseins?
Der Grund, warum eine gemeinnützige Organisation Geschichten erzählt, ist, das Bewusstsein für ein bestimmtes Thema oder Problem zu schärfen, und gleichzeitig den Wunsch im Publikum zu wecken, etwas dagegen zu unternehmen. Bestenfalls wird unmittelbar durch die Geschichte das Bedürfnis vermittelt, etwas zu tun – und jetzt sofort durch eine Spende zu helfen, was mit Online Fundraising natürlich ganz einfach möglich ist.
Aber wie genau macht man das? Wie können Sie Ihre Geschichte so überzeugend erzählen, dass das Publikum unmittelbar aktiv wird? Mit unserem Kollegen Olaf Wielk haben wir den Experten im Haus. Er hat für Sie einen Ratgeber zum Storytelling geschrieben.
Die emotionale Reise der Spender*innen
Was genau macht eine Geschichte aus, im Vergleich zu einem Bericht oder einer Anekdote?
Lesen Sie hier keine Geschichte – aber immerhin einige Ratschläge zum Thema Stories.
Unabhängig vom Medium – Film oder Text, on- oder offline – hat Storytelling immer etwas mit der emotionalen Bindung eines Publikums zu tun. Gilt also schon das Bild eines niedlichen Welpen als Storytelling? Natürlich nicht.
Geschichten existieren, um ihr Publikum zu verändern, um es zu beeinflussen. Jede Geschichte behandelt ein Problem und nahezu jede Geschichte zielt – mehr oder weniger explizit – darauf ab, die Vorteile kooperativen Verhaltens und Zusammenarbeit zu vermitteln.
Zwar gibt es keine Blaupause oder Schablone dafür, wie Geschichten funktionieren; aber dennoch lassen sich bestimmte Elemente finden, die in fast allen Geschichten vorkommen. Einige dieser Elemente wollen wir hier betrachten und dabei versuchen, Muster zu finden.
Um wen geht es in der Geschichte?
Alle Geschichten handeln von jemandem. Das muss kein Mensch sein, es kann um ein Tier (Bambi) oder einen Roboter (Wall-E) gehen. Aber jede Geschichte braucht eine Figur. Und zwar nicht nur eine. Tatsächlich gilt: Es existiert so gut wie keine Geschichte, die ohne eine gewisse Zahl an Figuren auskommt. Denn erst die Interaktion zwischen mehreren Charakteren sorgt für Motivation, Konflikt und Handlung.
Außerdem haben Geschichten in der Regel eine Hauptfigur – den oder die Protagonist*in – um die es in der Geschichte geht. Es ist nicht immer offensichtlich, warum eine Figur die Protagonist*in ist und nicht eine andere. Ist sie einfach die heldenhafteste? Ist sie diejenige, die sich am meisten entwickelt? Oder hat sie einfach die meisten Szenen? Wenn die Protagonist*in die Figur ist, mit der sich das Publikum am besten identifizieren kann, bedeutet das, dass sie dem Publikum am ähnlichsten ist? Wie verhält es sich dann bei American Psycho oder Geschichten, die über kulturelle oder zeitliche Grenzen hinweg bestehen? Wie ähnlich sind Sie dem altgriechischen Helden Herkules?
Noch schwieriger zu erfassen ist das Konzept des oder der Antagonist*in, dem zentralen und aktiven Widerpart des*r Protagonist*in. Um dieses Konzept zu verstehen, dürfen wir nicht vergessen, dass ein Antagonist nicht immer ein Charakter, eine Figur sein muss: Das Konzept des Bösewichts, des Schurken oder der bösen Schwiegermutter, gegen den oder die der gute Held kämpft, wohnt dem Geschichtenerzählen keineswegs inne. Die griechischen Mythen zum Beispiel kennen kein schlichtes „Gute gegen Böse“. Vielmehr erleben griechische Helden Momente, in denen sie Fürchterliches tun. Herkules tötete seine Frau und seine Kinder. Wer ist da der Antagonist?
Es hilft, Antagonismus als eine Kraft innerhalb der Geschichte zu betrachten, statt unbedingt als schurkenhafte Figur. Hier ein wichtiger Tipp: Je klarer und stärker der Antagonismus in Ihrer Geschichte, desto wirkungsvoller wird Ihre Protagonist*in Ihr Publikum emotional ansprechen.
Protagonisten im Fundraising
Was bedeutet das alles für die Praxis des Fundraising?
Der Grund, warum eine gemeinnützige Organisation Geschichten erzählt, ist, das Bewusstsein für ein bestimmtes Thema oder Problem zu schärfen, und gleichzeitig den Wunsch im Publikum zu wecken, etwas dagegen zu unternehmen. Bestenfalls wird unmittelbar durch die Geschichte vermittelt, wie leicht es ist, der Organisation zu helfen, zum Beispiel indem man spendet.
So hat eine gemeinnützige Organisation im Wesentlichen die folgende Arten von Protagonisten zur Auswahl:
- Opfer einer Ungerechtigkeit – eine oder mehrere Personen, die aufgrund eines Problems leiden, das die Organisation angehen will. Beispiel: Oxfam oder Unicef zeigen die Opfer von Dürre, Hungersnot oder Krieg.
- Helfer*in vor Ort – eine Person aus der Organisation, die aktiv etwas tut, um ein Unrecht zu beheben. Beispiel: Ärzte ohne Grenzen, die in Gebieten ohne Gesundheitsinfrastruktur medizinisch tätig sind.
- Wir. Die Spender*innen. Eine weitere Möglichkeit für eine gemeinnützige Organisation, eine Geschichte zu entwerfen, die Menschen zum Spenden anregen soll, besteht darin, die positive Veränderung aufzuzeigen, die Menschen, die spenden, bewirken können.
Diese letzte Art von Protagonist*in weist auf etwas Wesentliches hin; wir kommen dazu weiter unten.
Worum es bei Geschichten wirklich geht
Wie oben schon kurz erwähnt: Jede Geschichte zeigt Veränderung. Wenn das Publikum am Ende einer Story keine Veränderung (zum Beispiel des oder der Protagonist*in oder der Welt, in der die Geschichte spielt) wahrgenommen hat, gab es vielleicht schöne Bilder, geschickte Worte, aber eben keine Geschichte.
Veränderung ist also ein prägendes Merkmal von Geschichten.
Veränderung erfordert Entwicklung, den Prozess von einem Zustand zum anderen. Es gibt in der Regel Schlüsselmomente in der Geschichte, die die Phasen dieser Entwicklung kennzeichnen. Die wichtigsten haben mit Wahrnehmung und Bewusstsein zu tun.
Daher entwickeln sich Protagonist*innen in Geschichten. Wie oder warum? Kurz gesagt, um zu lernen. In den allermeisten Geschichten wird die Hauptfigur am Ende der Geschichte weiser sein als am Anfang. Sie hat etwas gelernt. Sie hat an Bewusstsein gewonnen.
Normalerweise zeigen die Eigenschaften, die die Hauptfigur gelernt hat, dass menschliche Kooperation, also Zusammenarbeit und Interaktion ein recht erfolgreiches Konzept ist. Das ist ein Grund dafür, warum die Guten meistens gewinnen – Bösewichte sind egoistisch, die Held*in erreicht was sie will, indem sie ihre eigenen egoistischen Impulse überwindet.
„Moment mal!“, könnten Sie nun einwenden. Was ist mit jenen Geschichten, in denen die Protagonist*in am Ende nicht weiser ist, sich entweder nicht oder gar zum Schlechten verändert hat?
In solchen Geschichten geht es eher darum, dass das Publikum diesen Mangel oder Fehler an Protagonist*innen erkennt. Das Publikum vollzieht die Veränderung.
Beim Komponieren einer Geschichte vergisst man leicht, dass der eigentliche Sinn JEDER Geschichte darin besteht, dass nicht nur die Protagonist*in, sondern vor allem auch das Publikum lernt.
Bei Fundraiser*innen sollte dieser Punkt kristallklar sein. Sie erzählen Ihre Geschichten den Menschen da draußen, um ihr Bewusstsein zu schärfen, d.h. sie sollen unbedingt lernen. Die Auswirkungen dieses neuen Bewusstseins sollten so stark sein, dass sie das Bedürfnis verspüren, etwas zu tun, zum Beispiel zu spenden.
Figuren, Veränderung, Lernen – Was noch?
Eine Geschichte muss also Figuren mit Problemen haben, die etwas lernen und sich dadurch entwickeln und verändern. All das führt dazu, dass das Publikum eine emotionale Reaktion hat und etwas lernt. Was noch?
Je mehr Sie über eine Geschichte als eine Abfolge von Ereignissen nachdenken (die Handlung, oder den Plot), desto mehr werden Sie feststellen, dass jedes Handlungsereignis aufgrund bestimmter Charaktermotivationen zustande kommt. Ob Ihre Figur nun ein Opfer, Helfer*in oder Spender*in ist, es lohnt sich, gründlich über die Faktoren nachzudenken, die die Motivation der Figur bestimmen. Im Storytelling spricht man dabei von der Figurenentwicklung.
Der Prozess der Figurenentwicklung ähnelt dem Entwickeln von sogenannten Personas, die Marketingspezialisten einsetzen, um zielgruppenorientiert arbeiten zu können. Es gibt ein paar Tools, die Ihnen dabei helfen, wie z.B. www.beemgee.com. Während die Formulierungen in diesem Tool zwar für Autor*innen und Schriftsteller*innen gedacht sind, so lassen sich die Prinzipien leicht auf Geschichten anwenden, die für das Fundraising erzählt werden.
Die Figurenentwicklung ist eines der wichtigsten, vielleicht schlichtweg der wichtigste Teil der konzeptionellen Arbeit an einer Geschichte. Nehmen Sie sich die Zeit, die Motivationen Ihrer Figuren zu verstehen, denn sie bestimmen die Dramaturgie der Handlung.
Weitere Zutaten
Wir haben nun über die Notwendigkeit von Protagonist*in und Antagonismus gesprochen, die Bedeutung der Figurenentwicklung erwähnt, und Probleme, Veränderung und Lernen als zentrale Konzepte aufgestellt. Um es kurz zu machen, ist hier eine Liste der wesentlichsten Zutaten für eine kraftvolle Geschichte:
- Figuren
- Probleme
- Motivationen
- Konflikt
- Handlung(en)
- Entwicklung
- Offenbarung
- Lernen
- Veränderung
Über jede dieser „Zutaten“ ließen sich Bücher schreiben – was hier den Rahmen sprengen würde. Wir konzentrieren uns daher auf einen der wichtigsten Punkte, die Offenbarung.
Im Storytelling hängt das, was wir hier „Offenbarung“ nennen, eng mit Erkennen und Bewusstwerden zusammen. Um ein Problem zu lösen, muss man es zunächst erkennen. Das finden einer Lösung ist eine Art Offenbarung. Um den Offenbarungseffekt einzurichten, benötigen Sie ein paar feste Punkte in der Handlung Ihrer Geschichte:
Sie bestimmen zuerst eine Figur und benennen ihr Problem. Dann kommt die Figurenentwicklung: Sie müssen zum Beispiel dem Publikum klarmachen, was diese Figur will. Ein klarer Charakter-Wunsch macht es dem Publikum wesentlich leichter, sich emotional mit dieser Figur auseinanderzusetzen – stellen Sie also sicher, dass die Sehnsucht Ihrer Figur absolut eindeutig ist!
Aus der Figurenentwicklung ergeben sich Handlungen, Dinge, die die Figuren in der Geschichte tun (weil sie etwas wollen). Die Kette der Handlungsereignisse wiederum bildet den Plot.
Dieser sollte so konzipiert sein, dass er Entwicklung und Veränderungen hervorhebt. Der Plot führt also zu einem Offenbarungspunkt. Dieser Effekt ist besonders deutlich bei Krimis, da dem Publikum in einer bestimmten Szene der Täter offenbart wird, die Handlung also derart konzipiert ist, dass sie auf die Enthüllung des*der Täter*in zuläuft.
Wie wir bereits sagten, findet die eigentliche Offenbarung (z. B. durch das Miterleben von Entwicklung und Veränderung) im Publikum statt. Das heißt aber auch: Wenn Sie Ihre Erzählung komponieren, denken Sie an die Szene, die für Ihr Publikum der „Aha-Moment“ sein wird, das Handlungsereignis, das den Groschen zum Fallen bringt.
Für Storytelling im Fundraising heißt das: Wenn das Publikum das Problem und den Wunsch der Figur verstanden hat, ist die Offenbarung der Moment, in dem sie die Portemonnaies zücken. Wenn Sie also beispielsweise eine Geschichte online erzählen, sollten Sie in Erwägung ziehen, den JETZT SPENDEN Button ganz in der Nähe der Offenbarungsszene zu platzieren.
Runden Sie dann die Geschichte ab, indem Sie deutlich machen, was Sie dem Publikum durch diese Geschichte beibringen wollen, entweder indem Sie zeigen, wie der*die Protagonist*in es gelernt hat, oder indem Sie die Geschichte so konzipieren, dass das Publikum mit dem Kopf nicken und denken kann: „Ja, ich habe es kapiert!“. Zeigen Sie oder deuten Sie zumindest deutlich an, welche Veränderung die Spende bewirkt hat oder bewirken wird.
Die ganze Geschichte
Für eine NGO oder Non-Profit-Organisation, die auf Spenden aus der Öffentlichkeit angewiesen ist, ist Storytelling Teil der Kommunikationsstrategie.
Wenn Sie eine Fundraiser*in sind und einen dreißig Sekunden Spot oder einen Blogbeitrag, eine ganze Kampagne oder eine einfache Projektbeschreibung konzipieren, denken Sie an das oben beschriebene Muster im Storytelling. Fangen Sie die Aufmerksamkeit Ihres Publikums auf jeden Fall ein (z.B. mit dem Bild dieses niedlichen Welpen) und erzählen Sie ihr dann eine Geschichte.
Geschichten, die das Publikum emotional ansprechen …
- zeigen die Welt (das Setting) und ein Problem einer Protagonist*in,
- definieren sowohl einen Wunsch als auch einer*n entgegengesetzten Antagonist*in bzw. antagonistische Kraft,
- weisen eine Abfolge von Handlungen auf, die zu klar definierten Offenbarungspunkten führen,
- vermitteln eine Entwicklung, die darin endet, dass ihr Publikum etwas gelernt hat,
- lassen im besten Fall das Publikum eine Veränderung in sich selbst erleben.
Nachdem Sie all diese Bemühungen unternommen haben, um Ihre potentiellen Spender*innen zur Spendendentscheidung zu führen, möchten Sie sicher sein, dass keine Hürden sie daran hindern, diese Entscheidung zu vollziehen und die Spende zu tätigen. Was die Spendenden-Reise, die Donor-Journey, betrifft, so möchten Sie, dass die Spendenden reibungslos vom „Aha-Moment“ zum Spendenformular gelangen.
Das Formular sollte einfach, schnell, übersichtlich und frei von Störfaktoren sein, sowie die von den Spendenden gewünschten Zahlungsmöglichkeiten bieten.
So belohnen Sie die Spender*innen mit einem Happy End.