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Shitstorms: 5 Tipps für NGOs zum Umgang mit dem Phänomen

Angriffe auf NGOs sind keine neue Erscheinung, doch die Intensität hat in den letzten Jahren zugenommen. Vor allem Organisationen, die offen zu polarisierenden Themen Stellung beziehen, sind häufig Zielscheiben solcher Attacken, besonders solche, die zu den Themen Asyl, Migration oder LGBTQI arbeiten. Sogar die Entscheidung, zu gendern, kann solche negativen Reaktionen in Mengen hervorrufen. In diesem Blogartikel geben wir NGOs praktische Tipps, wie sie sich vorbereiten können und im Ernstfall professionell mit der häufig unsachlichen Kritik und haarsträubenden Unterstellungen umgehen können.

 

Definition von Shitstorms

Ein Shitstorm ist definiert als „ein Sturm der Entrüstung im virtuellen Raum, in sozialen Medien, in Blogosphären sowie in Kommentarbereichen von Onlinezeitungen und -zeitschriften. Er richtet sich gegen Personen oder Organisationen und kann die Grenze zum Cybermobbing überschreiten.“ (Quelle

Ähnlich wie die Beaufort-Skala bei Windstürmen, haben Daniel Graf und Barbara Schwede eine Skala entwickelt, anhand der man die “Entrüstungs-Stürme” klassifizieren kann. Ab Stufe 3 kann es für eine Organisation gefährlich werden. (Quelle)

 

 

Tipps im Umgang mit Shitstorms

 

1. Proaktive Vorbereitung

Eine gute Vorbereitung hilft im Ernstfall schnell und professionell zu reagieren. Als erstes sollte man bewerten, welche Themen kritikanfällig sind und wo Organisationen ein Risiko eingehen. Dann werden für diese Themen Argumente gesammelt und Standard-Antworten formuliert. Mit ihrer Hilfe kann sofort reagiert werden, ohne vorher lange Freigabe-Prozesse zu durchlaufen. 

Zur Vorbereitung gehört auch, rechtzeitig über einen heraufziehenden Sturm informiert zu sein. Dafür ist es nötig, sorgfältiges und dauerhaftes Social Media Monitoring zu betreiben. Es gibt dafür zwar auch eigene Programme, man kann aber auch anhand von relevanten Hashtags und Suchen herausfinden, wo und was über die eigene NGO gesprochen wird.

 

2. Schulung und Schutz der Mitarbeitenden

Viele Mitarbeiter*innen von NGOs sind stark emotional ins Thema involviert und hoch motiviert. Ein Shitstorm kann dann sehr schnell persönlich verletzend sein und die Mitarbeitenden zu unüberlegten Handlungen verleiten. Aber nicht nur das: Die Motivation kann leiden und letztlich können solche Erlebnisse auch zu Kündigungen führen. Es ist daher sehr wichtig, hier an der Resilienz des Teams zu arbeiten und umfassend aufzuklären. Im Ernstfall können professionelle Supervision oder auch einfache Teamgespräche helfen, mit dem erlebten Hass umzugehen. 

Leider wird dieser Aspekt viel zu häufig nicht gesehen, bzw. es werden keine Maßnahmen ergriffen, um den Mitarbeitenden den Umgang mit der Situation zu erleichtern. Solche Erlebnisse können auch Burnout begünstigen. Unterschätze also nicht die Auswirkungen, die ein “Sturm der Entrüstung” auf die Mitarbeiter*innen haben kann!

 

3. Ruhig und sachlich bleiben

Niemandem ist damit geholfen, wenn Reaktionen impulsiv und unbedacht geschehen. Panik und Wut sind schlechte Berater. Besser ist es, vernünftig und sachlich mit der Kritik umzugehen, egal, wie untergriffig oder unsachlich die Aussagen der Kritiker*innen sind. Falschinformationen dürfen und sollen richtiggestellt werden und sollte es berechtigte Vorwürfe an die Organisation geben, gebt Fehler zu. Das Versprechen für transparente Aufklärung zu sorgen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen kann die Wogen glätten. 

 

4. Dokumentation und rechtliche Schritte

Sollte der Shitstorm strafrechtlich relevante Kommentare enthalten, sollte eine NGO dagegen vorgehen. Mache Screenshots von diesen Kommentaren und hole Dir Unterstützung von Institutionen gegen Hate Speech, zum Beispiel Netzcourage. Auch das Mittel einer Anzeige kann erwogen werden, sollte aber nicht unbedingt die erste Wahl sein – denn das kann öffentlichkeitswirksam auch wieder auf die Organisation zurückfallen. Dennoch: das Internet ist kein rechtsfreier Raum!

 

5. Kommunikationsstrategie anpassen

Je nach Situation und Organisation können unterschiedliche Maßnahmen – oder auch gar keine – sinnvoll sein. Möglicherweise interessieren sich bereits die klassischen Medien für den Shitstorm – dann kann eine Pressemitteilung Sinn machen. Findet er ausschließlich in einer bestimmten “Bubble” statt und strahlt nicht nach außen, können Organisationen die Situation auch einfach aussitzen. Jedenfalls sollte Deine Organisation überlegen, wer aller Kommunikation erhalten sollte – schlägt der Sturm sehr hohe Wellen, kann z. B. eine proaktive Kommunikation an bestehende Spendende sinnvoll sein.

 

Nachbereitung eines Shitstorms

Nachdem ein Sturm der Entrüstung überstanden ist, gilt es, ihn aufzuarbeiten. Nur so können Schlüsse gezogen und für zukünftige Ereignisse gelernt werden. Organisationen sollten sich folgende Fragen stellen:

 

  • Was genau ist passiert?
  • Warum ist es passiert?
  • Gab es legitime Vorwürfe und wie wurde darauf reagiert?
  • Hätte der Shitstorm vermieden werden können?
  • War die interne und externe Kommunikation gut?
  • Wo wurde zu früh/zu spät reagiert?

 

Durch diese Reflexion können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, um zukünftige Krisen besser zu bewältigen und die Kommunikationsstrategie kontinuierlich zu verbessern. Letztlich geht es darum, Erfahrung mit solchen schwierigen Situationen zu sammeln. Das erste Mal ist immer das schwierigste – denn oft ist keine ausreichende Vorbereitung vorhanden und die nötige rasche Kommunikation ist eine große Herausforderung. Mit der Zeit wird aber auch das zur Routine und Mitarbeitende entwickeln mehr Resilienz gegenüber Hate Speech.

 

Jede Krise ist auch eine Chance

Shitstorms lassen sich nicht verhindern, aber mit einer guten Vorbereitung und der richtigen Reaktion kann der Schaden minimiert werden. Transparente Kommunikation und der Schutz der Mitarbeitenden haben immer oberste Priorität. Doch ein Entrüstungs-Sturm kann auch dabei helfen, sich zu profilieren und Sympathien aufzubauen: Auch außerhalb erfahren Menschen von Deiner Organisation und wenn Du schlau und gewitzt reagierst, kann das auch positive Effekte haben und die Sympathie für Deine NGO erhöhen.

 

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