Entwicklungszusammenarbeit ist keine gute Tat. Sie ist Schuldenabbau.
Trump hat damit angefangen und nach und nach machen es alle nach. Zahlreiche Länder verringern ihr Budget für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA). Denn: Wir müssen sparen und brauchen unser Geld für unsere Leute – oder? Wir können halt den Armen nicht immer helfen…
Das regt mich auf. Es regt mich auf, dass so getan wird, als wäre EZA eine noble Geste, die man sich eben manchmal leisten kann und manchmal nicht. Diese Herangehensweise ist nicht nur falsch, sie ist zynisch und obendrein kurzsichtig. Immerhin ist unser Reichtum der Grund für das Elend – und EZA ist der Versuch einer Wiedergutmachung und eines Schuldenabbaus.
Reichtum durch Raub – das koloniale Erbe
Westeuropa, die USA, Kanada – unser Wohlstand ist kein Ergebnis harter Arbeit und protestantischer Ethik, auch wenn wir das gerne glauben wollen. Er ist die Frucht von Jahrhunderten systematischer Ausbeutung. Kolonialisierung hat ganze Kontinente ihrer Rohstoffe, Menschen und Perspektiven beraubt. Afrika wurde zerlegt, als wäre es ein Buffet. Lateinamerika wurde wirtschaftlich ausgeweidet. Asien wurde von britischem Opium und französischer Gier destabilisiert. Während in Europa Industrialisierung und Akkumulation wuchsen, wurden in den Kolonien Infrastruktur, Selbstbestimmung und Bildung systematisch verhindert. Was wir heute in der sogenannten “Dritten Welt” – was für ein anmaßender Begriff – sehen, haben wir selbst zu verantworten.
Entwicklung im Zentrum, Unterentwicklung in der Peripherie
Die “Dritte Welt” existiert nicht wegen mangelnder Intelligenz oder Arbeitsmoral. Sie existiert, weil unser Wirtschaftssystem so aufgebaut ist, dass einige gewinnen, während andere verlieren müssen. Die Dependenztheorie bringt es auf den Punkt:
- Die Weltwirtschaft ist zweigeteilt: Zentrum (Industrieländer) und Peripherie (Entwicklungsländer).
- Die Peripherie bleibt strukturell abhängig: Sie liefert niedrigpreisige Rohstoffe und billige Arbeitskraft, importiert aber teure Technologie und Markenprodukte.
- Entwicklung hier bedeutet Unterentwicklung dort. Unser Fortschritt geschieht auf Kosten der anderen.
Diese Dynamik ist nicht nur Geschichte – sie ist gelebte Realität. Und sie wird auf globaler Ebene zementiert, etwa durch Subventionen, unfaire Handelsabkommen und politische Einflussnahme.
USAID und die Frage, wem Hilfe wirklich nützt
Ein aktuelles Beispiel: Die geplante Vernichtung von Hilfsgütern durch USAID (Fundraising Akademie, Juni 2025) hat viele erschüttert. Doch sie zeigt, worum es oft geht: Kontrolle statt Hilfe, Einfluss statt Entwicklung, Eigeninteresse statt Solidarität. Hilfsgüter werden lieber vernichtet als in lokale Hände gegeben. Das ist nicht Unterstützung – das ist Misstrauen, Machtpolitik und koloniales Denken im neuen Gewand. Reiche Industrieländer haben eben kein Interesse daran, die Sahnetorte zu teilen, wenn im Gegenzug nicht auch was für sie dabei herausschaut. Das ist Erpressung im Gewand der “Hilfe”.
Gute Arbeit braucht Geld
Viele EZA-Organisationen arbeiten längst mit einem klaren Blick auf strukturelle Ungleichheiten und abhängig machende Wirtschaftssysteme. Sie fördern lokale Wertschöpfungsketten. Sie setzen auf Empowerment statt Stellvertretung und schaffen Räume für Selbstbestimmung. Diese Arbeit ist unverzichtbar. Sie ist mutig, unbequem und im besten Falle systemkritisch. Doch die Regierungen dieser “Ersten Welt” müssen ihren Teil leisten und diese Arbeit ordentlich finanzieren!
Es kann doch nicht sein, dass wir unsere kolonialherrschaftliche Vergangenheit und ihre bis heute tödlichen Auswirkungen einfach ignorieren.
Schuldenabbau, kein Almosen
Staaten, die Gelder für EZA bereitstellen, zahlen ihre Schulden zurück. Historische, wirtschaftliche, moralische. Wir sind in der Bringschuld. Und wir sollten endlich aufhören, so zu tun, als wäre es eine Gnade, wenn wir nicht mal 0,7 % unseres BIP abzweigen.
Echte Hilfe beginnt mit fairem Handel, mit Entschuldung, mit einem globalen Wirtschaftssystem, das nicht auf Ausbeutung basiert. Und mit Organisationen, die genau dafür kämpfen – jeden Tag.