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Spendenlandschaft 2024 in Deutschland und Österreich – Ein detaillierter Vergleich

Die neuesten Daten aus dem Deutschen Spendenmonitor 2024 und dem FVA-Spendenbericht 2024 in Österreich geben tiefe Einblicke in die Spendenkultur beider Länder. Während Deutschland mit einem stabilen Spendenaufkommen und klaren Prioritäten glänzt, zeigt Österreich beeindruckende Dynamik in der Großspendenentwicklung und innovative Trends im Spendenverhalten.

 

Deutschland: Stabilität als Kern des Spendenwesens

Der Deutsche Spendenmonitor 2024 verzeichnet ein leichtes Wachstum der Gesamtsumme auf 12,8 Milliarden Euro, eine moderate Verbesserung nach den pandemiebedingten Einbrüchen:

  • Pro-Kopf-Spende: 174 Euro (ein Plus von 4 Euro im Vergleich zu 2023).
  • Spendenquote: 50 % der Bevölkerung spendete, ein Anstieg um 1,6 %.
  • Schwerpunkte: Kinder- und Jugendhilfe (28 %), Katastrophenhilfe (22 %) und Tierschutz (21 %).

Die Daten zeigen, dass trotz Inflation die Spendenbereitschaft relativ stabil bleibt. Herausforderungen wie die Einbindung jüngerer Zielgruppen und die Konkurrenz vieler kleiner Organisationen bleiben jedoch bestehen.

Stabile Spendenziele und Verteilung

In Deutschland liegt der Schwerpunkt der Spenden weiterhin auf klassischen Themen wie der Kinder- und Jugendhilfe (28 %), der Katastrophenhilfe (22 %) und dem Tierschutz (21 %). Diese Verteilung hat sich in den letzten Jahren kaum verändert, was auf eine starke Bindung der Spender*innen an traditionelle Anliegen hinweist.

 

Langfristig etablierte Spendenkultur

Die Spendenquote in Deutschland liegt bei 50 % und damit deutlich unter den 72 % in Österreich. Dennoch ist die Gesamtsumme mit 12,8 Milliarden Euro wesentlich höher, was auf die große Anzahl der Spendenden und ihre Verlässlichkeit hinweist. Trotz der Inflation und wirtschaftlich unsicheren Lage bleibt das Spendenaufkommen in Deutschland weitgehend konstant. 

 

Struktur der Spendenorganisationen

Deutschland hat eine hohe Zahl kleiner und mittlerer Organisationen, die oft lokal oder regional tätig sind, wie z. B. Fördervereine für Schulen oder Tierheime. Die breite Basis an NPOs macht das Spendenwesen widerstandsfähig gegen größere Schwankungen, kann jedoch auch ineffizient sein.

 

Zurückhaltung bei Innovationen

Deutschland zeigt sich vorsichtiger im Umgang mit digitalen Fundraising-Möglichkeiten. Der Anteil der Online-Spenden liegt hier bei rund 13 %, deutlich niedriger als in Österreich (22 %). Organisationen setzen stärker auf traditionelle Kanäle wie Überweisungsträger oder klassische Spendenbriefe. Viele vor allem ältere Zielgruppen, die den Großteil der Spenden leisten, bevorzugen nach wie vor den klassischen Weg der Banküberweisung.

 

Fehlende steuerliche Anreize

Während Österreich mit der Gemeinnützigkeitsreform 2024 steuerliche Anreize für alle gemeinnützigen Zwecke eingeführt hat, bleiben diese in Deutschland begrenzter. So profitieren Spender*innen in Deutschland nur eingeschränkt von steuerlichen Vorteilen, was besonders bei Großspendenden ins Gewicht fällt. 

 

Fokus auf Stabilität statt Wachstum

Deutschland verfolgt einen konservativen Ansatz, der auf Stabilität und langfristige Beziehungen zu Spender*innen abzielt. Deutsche Organisationen setzen auf Verlässlichkeit, etablierte Strukturen und bewährte Spendenkanäle. So sichern sie sich ein konstantes Spendenaufkommen und eine starke Spender*innen-Bindung. 

Österreich: Dynamik und Innovation im Spendenwesen

Österreich zeigt eine bemerkenswerte Spendenkultur mit 1,075 Milliarden Euro an Gesamtspenden, knapp unter dem Rekordjahr 2022.

  • Pro-Kopf-Spende: 138 Euro, ein Anstieg von 15 Euro gegenüber dem Vorjahr.
  • Spendenquote: 72 % der Bevölkerung über 16 Jahren spenden – ein europäischer Spitzenwert.
  • Verteilung: 29 % der Spenden gehen an soziale Zwecke, 25 % an internationale Hilfsprojekte und 15 % an Wissenschaft und Forschung.

 

Großspenden im Fokus

Der Anteil von Großspenden nimmt zu, insbesondere von Unternehmen, die über 78 % der Spenden ab 50.000 Euro bereitstellen. Dieses Wachstum wird durch steuerliche Anreize und die kürzlich erfolgte Reform des Gemeinnützigkeitsgesetzes unterstützt.

 

Reformen als Motor für Wachstum

Die Gemeinnützigkeitsreform 2024 hat den dritten Sektor grundlegend verändert. Die Kernpunkte dieser Reform waren die Erweiterung der Spendenabsetzbarkeit auf alle Zwecke, der Bürokratieabbau und das setzen neuer steuerliche Anreize für Großspender*innen. Im ersten Jahr der Reform wuchs die Anzahl der spendenbegünstigten Organisationen um 350 und erste Großspenden wie die 150-Millionen-Euro-Zuwendung an die biomedizinische Forschung in Wien zeigen bereits die positive Wirkung der Reformen.

 

Großspenden: Ein neues Spielfeld

Traditionell dominieren in Österreich kleinere und mittlere Spenden. Doch 2023 und 2024 zeichnete sich ein deutlicher Wandel ab. Die Zahl der Spenden über 50.000 Euro steigt kontinuierlich, was auf ein wachsendes Engagement von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen hinweist. Fast 78 % der Großspenden stammen von Unternehmen.

 

Digitalisierung des Fundraisings

Österreichische NPOs investieren zunehmend in digitale Fundraising-Methoden, um neue Zielgruppen zu erreichen und bestehende Spender*innen zu binden. So wuchs der Anteil der Online-Spenden im Jahr 2023 auf 22 % des Gesamtaufkommens. Das liegt deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Organisationen in Österreich nutzen auch verstärkt personalisierte E-Mail-Kampagnen, Social Media und diverse Plattformen, um Spenden unkompliziert abzuwickeln. Der Einsatz von Apple Pay, Google Pay und PayPal vereinfacht dabei mobile Spenden.

Wachsender Einfluss junger Zielgruppen

Die Digitalisierung und neue Ansätze im Fundraising schaffen Zugänge zu jüngeren Generationen. Besonders erfolgreich sind dabei virale Spendenkampagnen wie der “Movember” oder die “Name a Cockroach”-Aktion von Zoos – sie zeigen, dass kreatives und humorvolles Fundraising auch junge Zielgruppen anspricht. Vor allem Social Media Plattformen wie Instagram und TikTok werden von österreichischen Organisationen genutzt, um Aufmerksamkeit für Umwelt- und Klimathemen zu schaffen – Bereiche, die bei jüngeren Menschen eine gute Resonanz finden.

 

Innovative Großprojekte

Österreich positioniert sich zunehmend als Vorreiter in der Verknüpfung von Wissenschaft und Philanthropie. Ein Beispiel ist die Großspende, die die österreichische Akademie der Wissenschaften erhielt, um ein KI-Forschungsinstitut zu gründen. Das AITHYRA-Institut wird die biomedizinische Forschung revolutionieren. Aber auch Stiftungen wie die MEGA Bildungsstiftung gehen innovative Wege: Sie bündeln Mittel von mehreren Akteuren, um Bildungsprojekte zu finanzieren. Dabei wird die Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Geldgeber*innen immer beliebter und wichtiger.

 

Ein Zukunftsmodell für Europa

Die Kombination aus Reformen, neuen Technologien und Großprojekten zeigt: Österreich geht dynamisch und innovativ voran. Die Maßnahmen schaffen nicht nur ein wachsendes Spendenaufkommen, sondern inspirieren auch andere Länder, die Potenziale des dritten Sektors besser auszuschöpfen. Diese Entwicklungen machen Österreich zu einem Vorbild für den internationalen Spendenmarkt.

Vergleich und Interpretation

 

Spendenzwecke und Trends

Während in Deutschland klassische Spendenziele dominieren, zeigt Österreich eine wachsende Vielfalt. Themen wie Umwelt- und Tierschutz verzeichneten hier ein Wachstum von 3 % und machen 11 % des Gesamtaufkommens aus.

 

Gesellschaftliche Unterschiede

Die österreichische Bevölkerung engagiert sich stärker in freiwilligen Aktivitäten: Fast 3,8 Millionen Menschen leisten jährlich rund 470 Millionen Stunden unbezahlte Arbeit – das sind 72 % der Bevölkerung über 16 Jahren. In Deutschland engagieren sich 28,8 Millionen Menschen freiwillig, was 40 % der Bevölkerung ab 14 Jahren entspricht.

 

Innovation vs. Stabilität

Während Österreich mit innovativen Reformen und digitalem Fortschritt Dynamik zeigt, setzt Deutschland auf bewährte Strukturen und Stabilität. Diese Herangehensweise spiegelt sich in der Verteilung der Spendenziele, der Rolle der Spendenorganisationen und den langfristig etablierten Spender*innen-Gewohnheiten wider. 

  • Während Deutschland auf diese klassischen Zwecke (Kinder- und Jugendhilfe, Katastrophenhilfe, Tierschutz) fokussiert bleibt, zeigt Österreich eine stärkere Verschiebung hin zu Wissenschaft, Bildung und Umwelt – Themen, die insbesondere durch Reformen gefördert werden.
  • Österreichische Organisationen setzen verstärkt auf personalisierte digitale Kampagnen und innovative Zahlungsmethoden wie Apple Pay oder Google Pay, was jüngere Zielgruppen besser anspricht. Deutschland setzt eher auf klassische Spendenwege wie Banküberweisungen.

Deutschland setzt auf Verlässlichkeit, etablierte Strukturen und bewährte Spendenkanäle. Diese Strategie sichert ein konstantes Spendenaufkommen und bindet Spender*innen langfristig. Österreich hingegen geht mutigere Wege, nutzt Reformen und digitale Fortschritte, um neue Zielgruppen zu erreichen und Großspenden zu fördern. Beide Ansätze haben ihre Stärken, aber auch spezifische Herausforderungen, die das jeweilige Land in seinem Spendenwesen prägen.

 

Strukturelle Unterschiede

In Österreich profitieren größere Organisationen stärker vom Spendenaufkommen. Die 50 größten NPOs vereinen über zwei Drittel der Einnahmen. In Deutschland ist die Verteilung breiter, was zur Stabilität beiträgt, jedoch weniger Spielraum für Großprojekte lässt. In Deutschland eher viele kleine, lokal operierende NGOs, die sich das Spendenvolumen aufteilen.

 

Gutes Spendenjahr

Deutschland und Österreich präsentieren sich 2024 als starke Spendenländer mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ansätzen. Während Deutschland Stabilität ausstrahlt, setzt Österreich auf Dynamik und Innovation. Beide Länder bieten wertvolle Lektionen für NGOs, die auf der Suche nach neuen Wegen und Strategien sind.

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