Widerstand leisten, solange wir noch können!
Wer die Nachrichten verfolgt, kann den Eindruck gewinnen, dass die westliche Welt in eine gefährliche Richtung driftet. Donald Trump verlässt das Klimaabkommen und will Massenabschiebungen durchsetzen. Viktor Orbán baut die ungarische Medienlandschaft zu einem Regierungssprachrohr um. Elon Musk macht Diversität (Frauen bei der Feuerwehr) für die Waldbrände in Los Angeles verantwortlich. In Österreich könnte eine Partei mit vorbestraften Mitgliedern und dem Wunsch nach “Fahndungslisten” für politische Feinde bald den Kanzler stellen. Alice Weidel nennt den Nationalsozialismus „links“. Schlagzeilen wie diese häufen sich – so sehr, dass wir uns fragen müssen: Wie wird das alles enden?
Eine Sache ist sicher: Der Moment für ein „Wehret den Anfängen“ ist längst verpasst. Doch wer glaubt, dass autoritäre Entwicklungen heute genauso verlaufen wie in den 1930er-Jahren, unterschätzt die Wandlungsfähigkeit extremistischer Ideologien. Heute agieren sie subtiler, nutzen soziale Medien, lenken Diskurse und unterwandern Institutionen. Sie bedienen sich gezielt der Ängste jener, die von einem enthemmten Wirtschaftssystem enttäuscht wurden. Während der Neoliberalismus Ungleichheiten verschärft hat, bieten Populisten einfache Antworten: Schuld sind die Eliten, die Presse, die Demokratie. Der „starke Mann“ wird zum vermeintlichen Heilsbringer. Die Bauernfänger*innen sind wieder unterwegs.
Doch Demokratie ist keine Naturkonstante – sie steht und fällt mit der Wachsamkeit der Gesellschaft. Und genau hier liegt unsere Verantwortung. Wir können es uns nicht leisten, tatenlos zuzusehen, wie demokratische und zivilisatorische Errungenschaften Stück für Stück ausgehöhlt werden. Der Anspruch einer „unpolitischen NGO“ ist in Zeiten wie diesen ein Märchen – jede zivilgesellschaftliche Organisation muss sich fragen, wo ihre roten Linien verlaufen. Nichts ist unpolitisch. Entscheidungen in der Politik beeinflussen das Spielfeld, auf dem wir alle agieren. Ein Rechtsruck hier, Sozialkürzungen dort, und schon stehen NGOs nicht nur vor neuen Herausforderungen, sondern könnten selbst zum Ziel werden. Beispiele gibt es genug: Schaut nach Ungarn oder Russland, wo zivilgesellschaftliche Akteure systematisch eingeschränkt werden.

Ja, Position zu beziehen mag Geld kosten, Sponsoren verprellen, Anfeindungen provozieren. Doch in Anbetracht der drohenden Konsequenzen ist das ein vergleichsweise geringer Preis. Und sind wir als zivilgesellschaftliche Organisationen nicht ohnehin schon längst Teil der mythischen Verschwörungserzählungen der Rechten? Sind diese Menschen wirklich unsere Zielgruppe?
Ich plädiere dafür, schwarz zu sehen, bevor wir ein blaues Wunder erleben. Solange wir noch frei sprechen, demonstrieren und handeln dürfen, sollten wir genau das tun – nicht irgendwann, sondern jetzt, bevor die Rahmenbedingungen sich nachhaltig verschlechtern. Demokratie ist nicht unverwundbar. Sozialstaaten sind nicht in Stein gemeißelt. Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit. Wenn wir all das bewahren wollen, müssen wir dafür kämpfen, bevor es zu spät ist. Wir müssen Widerstand leisten, solange wir noch können. Die Zeit dafür war gestern!