Förderantrag schreiben: Tipps für NGOs

Für viele NGOs ist die Beantragung von Fördermitteln essenziell, um Projekte zu realisieren, Personal zu finanzieren oder neue Strukturen aufzubauen. Grants – also Fördermittel – sind nicht rückzahlbare Zuwendungen, vergeben von öffentlichen Stellen, Stiftungen, Unternehmen oder Einzelpersonen. Sie werden nach erfolgreicher “Bewerbung” über einen Förderantrag vergeben.

Doch Fördermittel sind kein „freies Geld“ – sie verlangen präzise Planung, Rechenschaft und strategische Kommunikation.

Im folgenden Leitfaden findest Du allgemeine Basics zum Thema “Förderantrag schreiben” und tiefergehende Insights aus der Studie “Grant Writing: The Essentials” von Jayme Renfro (2024)

 

Die 3 Phasen des Fördermittel-Lebenszyklus

Laut Jayme Renfro verläuft ein Förderantrag in drei klar definierten Phasen :

  • Pre-Award: Recherche von Förderprogrammen, Prüfung der Förderfähigkeit, Antragstellung

  • Award: Förderzusage, vertragliche Regelungen, Projektstart

  • Post-Award: Projektumsetzung, Berichterstattung, Evaluation

Diese Phasen helfen NGOs, strukturiert und proaktiv mit Fördermittelgebern zu arbeiten – eine Perspektive, die in vielen herkömmlichen Leitfäden fehlt.

 

Was macht einen erfolgreichen Antrag aus?

 

a) Passgenaue Recherche

Um Fördermittel zu erhalten, muss die Förderung zuallererst daraufhin analysiert werden, ob die Förderziele mit dem angedachten Projekt übereinstimmen. Es muss also auf eine thematische Passung geachtet werden, aber z. B. auch auf Einschränkungen bzgl. der Förderregion. Auch eine Vorab-Recherche über die Höhe der üblichen Zuschüsse ist empfehlenswert. Dadurch lässt sich besser abschätzen, ob das geplante Projekt durch die Förderung ausreichend finanziert werden kann. 

Empfehlenswert ist es, vorab das “Mission Statement” oder ähnliches der Förderstelle zu lesen. Dort finden sich meistens die Kriterien, die geförderte Organisationen und Projekte erfüllen müssen.

b) Gründliche Vorbereitung

Renfro betont in der Arbeit: “Good grant writing begins well before a single word is written.” Damit bezieht sie sich auf die nötige Vorarbeit. U. a. empfiehlt die Arbeit, eine umfassende Stakeholderanalyse durchzuführen und alle relevanten quantitativen und qualitativen Daten für das zu fördernde Projekt zu sammeln. Natürlich muss auch die Zielgruppe scharf umrissen sein.

Insgesamt braucht es also schon eine umfassende Projektplanung, bevor man einen Förderantrag einreicht. Nur so ist gewährleistet, dass man der Förderstelle einen einleuchtenden Plan präsentieren kann.

 

c) Klarer Aufbau des Antrags

Renfro nennt eine Standardstruktur für einen erfolgreichen Förderantrag:

  1. Executive Summary (kurze Zusammenfassung)

  2. Need Statement (Bedarfsbeschreibung)

  3. Projektbeschreibung mit Logikmodell (Wirkungslogik)

  4. Evaluation & Messkriterien (Datenerhebung, Messpunkte, Maßnahmen)

  5. Nachhaltigkeit

  6. Budget

  7. Anhang mit Organisationsprofil (Vision, Mission, Werte, Projekte)

 

Typische Fehler vermeiden

 

Projekte um des Geldes Willen

Manche Projekte entstehen nur, weil es eine entsprechende Förderung gibt. Dieses Vorgehen wird auch “Funding chasing” genannt. Das Problem hier ist, dass solche Projekte häufig keine tatsächliche Wirkung haben, bzw. keinen echten Bedarf deckt. Der Prozess sollte anders herum sein: Bedarf → Projekt → Förderantrag

 

Unklare oder unrealistische Wirkung

Fördermittelgeber möchten ganz genau wissen, wie die geplanten Maßnahmen Wirkung entfalten. Dafür braucht ein Projekt eine nachvollziehbare Wirkungslogik, aufgebaut nach dem Schema Input – Output – Outcome – Impact

Auch unrealistische Ziele, die sich nicht erreichen bzw. nicht belegen lassen, sind häufig Grund für die Ablehnung eines Förderantrages. 

 

Recycling

Natürlich muss nicht für jeden Förderantrag eine neue Organisationsbeschreibung erstellt werden, aber der Rest des Antrags sollte an die jeweilige Förderung angepasst werden. Wenn frühere Anträge wiederverwertet werden sollen, sollte der Text Formulierungen aus der Förderungsbeschreibung enthalten. Wenn es zum Beispiel um Entwicklungszusammenarbeit geht, werden gerne Begriffe wie “nachhaltig”, “Ownership” und “Empowerment” verwendet. Jedes Thema hat hier seine eigenen Schlagwörter, die immer auch schon in der Beschreibung der Förderung stehen.

Don’t recycle. Revise. Every funder deserves tailored communication.
Jayme Renfro, 2024

Zu wenig Vorabrecherche

 

Wer bei der Recherche spart läuft Gefahr, wertvolle Zeitressourcen in Förderungen zu investieren, die gar nicht zur Organisation passen. Einen Förderantrag zu schreiben ist zeitintensiv und aufwändig. Wer sich nach der Gießkannen-Methode für jede Verfügbare Förderung bewirbt, verschwendet seine Ressourcen.

 

Letter of Inquiry (LOI): Der erste Eindruck zählt

Ein Letter of Inquiry (LOI) ist laut Renfro oft der „Gatekeeper“, um überhaupt in die zweite Runde zu kommen . Er umfasst:

  • Einführung und Kontext
  • Projektübersicht
  • Bedarfsbegründung
  • Budgetrahmen
  • Kontaktmöglichkeit
A clear, specific LOI increases your odds significantly – it should never be a generic placeholder.
Jayme Renfro, 2024

Beispiel-LOI für ein Bildungsprojekt

Hier ein konkretes Beispiel, wie ein wirksamer LOI aussehen kann:

 

[Briefkopf der Organisation]
Musterverein e. V.
Schöne-Straße 14, 04277 Leipzig
Tel: 0341–123456 | E-Mail: m.itarbeiter@musterverein.org

  1. Juli 2025

An:
Stiftung Großzügig
z. Hd. Frau Sabine Prüfer
Tolle Allee 100, 10117 Berlin

 

Betreff: Anfrage zur Förderung des Projekts „Perspektive Zukunft – Digitale Kompetenzen für Jugendliche“

Sehr geehrte Frau Prüfer,

mein Name ist Maria Itarbeiter und ich bin Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Musterverein e. V. mit Sitz in Leipzig. Wir setzen uns seit 2015 für Bildungsgerechtigkeit und digitale Teilhabe ein. Mit diesem Schreiben möchten wir prüfen, ob unser Projekt „Perspektive Zukunft“ für eine Förderung durch Ihre Stiftung in Frage kommt. Wir bitten um eine Unterstützung in Höhe von 35.000 € für die Laufzeit von 12 Monaten.

Projektidee und Zielgruppe
Das Projekt richtet sich an 60 benachteiligte Jugendliche (14–18 Jahre) aus bildungsfernen Familien in Leipzig-Grünau. Ziel ist es, digitale Schlüsselkompetenzen zu vermitteln – von IT-Grundlagen bis zu Bewerbungstrainings. Ergänzt wird dies durch ein Mentoring mit IT-Fachkräften.

Bedarf und Kontext
Im Stadtteil Grünau verlässt fast jede*r Vierte die Schule ohne Abschluss. Gleichzeitig fehlt es an Zugang zu digitaler Infrastruktur. Hier setzt unser Projekt an und schafft praxisnahe Lernräume für digitale Teilhabe.

Projektumsetzung und Wirkung
Geplant sind 20 Workshop-Termine, Mentoringphasen und eine Abschlussveranstaltung. Evaluation erfolgt durch Pre-/Post-Befragungen und qualitative Interviews. Ziel ist, dass 80 % der Jugendlichen digitale Grundfertigkeiten erwerben, 40 % Praktika oder Ausbildungsplätze finden.

Finanzierung
Gesamtkosten: 52.500 €
Zugesagte Mittel: 10.000 € (Stadt Leipzig), 7.500 € (Eigenmittel)
Angefragt: 35.000 € bei Ihrer Stiftung

Kontakt
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Itarbeiter
Musterverein e. V.

 

Mindset: Einen Förderantrag schreiben ist lernbar

Renfro betont, dass erfolgreiches Grantwriting vor allem auf Übung, Reflexion und Strategie basiert. Sie empfiehlt:

  • Evaluation alter Anträge (Was hat funktioniert?)
  • Austausch mit Förderstellen suchen (Worauf wird besonderer Wert gelegt?)
  • Feedback einholen und Lessons Learned dokumentieren (Was hat gefehlt?)

Teaminterne Zuständigkeiten klar definieren

Grantwriting is not only about writing – it’s about reading funders' minds and aligning your mission accordingly.
Jayme Renfro, 2024

Grantwriting ist strategisches Fundraising. Wer die richtigen Mittel sucht, sich gut vorbereitet und auf Wirkung fokussiert, kann aus einem Antrag eine Partnerschaft machen. Die Studie von Renfro zeigt, dass die meisten Stolpersteine nicht im Schreiben selbst liegen – sondern in der Vorbereitung und Strukturierung.

 

Quellen:

  • Renfro, Jayme. Grant Writing: The Essentials. University of Northern Iowa, 2024. [CC BY-NC-SA 4.0]

  • Nonprofit Hub: „Grant Writing Tests“

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