Studie: KI in NGOs - Was Spender darüber denken
KI kommt auch in NGOs immer häufiger zum Einsatz. Im Hintergrund unterstützt die Technologie beim Erstellen von Texten, Bildern und Videos oder wird zur Spendenprognose, Zielgruppenselektion oder Datenanalyse genutzt. Doch wie stehen eigentlich die Spender*innen zu diesem Wandel?
Eine neue Studie von Cherian Koshy und Nathan Chappell bringt Licht ins Dunkel. Befragt wurden 1.006 Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate an eine US-amerikanische Non-Profit gespendet haben. Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise für NGOs, die KI verantwortungsvoll und erfolgreich einsetzen möchten.
Vorab sei aber auch gesagt, dass Erkenntnisse aus den USA nicht zwingend 1:1 auf Europa umzulegen sind: Hierzulande werden u. a. Aspekte wie Datenschutz und Transparenz als noch wichtiger erachtet.
Hohe Bekanntheit, differenzierte Erwartungen
Die Studie zeigt: Künstliche Intelligenz ist in der Gesellschaft angekommen.
- 82,4 % der Befragten gaben an, mit KI zumindest „soweit vertraut“ zu sein.
- Besonders jüngere Spender*innen (18–44 Jahre) sind deutlich vertrauter und komfortabler im Umgang mit KI.
Doch Vertrautheit allein bedeutet nicht Akzeptanz. Spender*innen bewerten den Einsatz von KI sehr differenziert — und stellen klare Erwartungen.

Wo KI willkommen ist — und wo nicht
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich: Spender*innen sehen vor allem dann Vorteile in KI, wenn sie im Hintergrund arbeitet:
- Betrugserkennung und -Prävention: 48,3 % glauben, dass KI hier großen Nutzen bringt.
- Operative Effizienz: 44,7 % sehen Verbesserungspotenzial durch KI.
- Impact Measurement: 33,8 % schätzen KI zur besseren Darstellung von Wirkung.
Weniger willkommen ist KI hingegen dort, wo sie in direkten Kontakt mit Spender*innen tritt:
- Personalisierte Fundraising-Ansprachen: 39,8 % empfinden personalisierte KI-Ansprachen als übergriffig, wenn nicht transparent kommuniziert wird.
- Automatisierte Entscheidungsfindung (z. B. bei Fördervergabe): Diese Anwendung wurde als besonders besorgniserregend eingestuft.
Kurz gesagt: KI darf helfen — aber nicht ersetzen.

Die größten Sorgen der Spender*innen
Gleich zwei Themen teilen sich die Spitzenposition bei den größten Bedenken:
- Verlust der menschlichen Note: 60,2 % fürchten, dass durch KI echte persönliche Beziehungen leiden.
- Datenschutz: 60,0 % sorgen sich um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten.
Weitere relevante Ängste sind:
- Jobverlust von Charity-Mitarbeitenden: 43,3 %
- Bias in KI-Entscheidungen: 39,1 %
- Überabhängigkeit von Technologie: 38,3 %
Das Vertrauen in NGOs könnte also empfindlich leiden, wenn diese Themen nicht proaktiv adressiert werden.
Transparenz ist der Schlüssel
Die klare Botschaft der Studie: Transparenz entscheidet über Vertrauen.
- 86,3 % der Spender*innen halten es für „sehr wichtig“ oder „etwas wichtig“, dass NGOs offenlegen, wie KI eingesetzt wird.
- Besonders wichtig sind dabei Erklärungen auf der Website, die Sicherstellung menschlicher Kontrolle und klare Opt-out-Möglichkeiten.
Erstaunlich: Auch Spender*innen, die KI generell positiv gegenüberstehen, verlangen transparente Prozesse und ethische Richtlinien.
Wie sich das Spendenverhalten verändert
Technologie beeinflusst nicht nur Einstellungen, sondern auch konkretes Verhalten:
- 34,8 % der Befragten sind heute selektiver bei der Auswahl ihrer unterstützten Organisationen.
- 24,7 % haben ihre Spenden insgesamt reduziert, 18,0 % dagegen erhöht.
- 31,4 % würden weniger spenden, wenn ihre bevorzugte Organisation KI einsetzt, ohne ihre Bedenken zu berücksichtigen.
NGOs, die KI einsetzen, müssen also umso mehr auf eine werteorientierte, transparente Kommunikation setzen.

Demografie, Einkommen und Spendenhöhe: Wer vertraut, wer zögert?
Ein Blick in die Aufschlüsselung zeigt: Die Haltung zu KI ist nicht homogen.
- Alter: Jüngere Spender:innen (18–44 Jahre) sind deutlich offener für KI, während ältere Generationen (60+) Skepsis und Zurückhaltung zeigen. Sie fürchten insbesondere den Verlust der menschlichen Verbindung.
- Einkommen: Höhere Einkommensgruppen (>100.000 USD) sind technologieoffener und legen mehr Wert auf Effizienzbeweise. Niedrigere Einkommensgruppen fürchten Datenschutzverletzungen und Arbeitsplatzverluste.
- Spendensumme: Wer viel spendet (5.000 USD+ pro Jahr), zeigt überdurchschnittliches Interesse an KI-basierten Impact-Messungen, bleibt aber skeptisch gegenüber automatisierter Kommunikation. Besonders Großspender:innen verlangen Transparenz und menschliche Aufsicht.
- Spendenverhalten: Jene, die selektiver geworden sind oder ihre Spenden reduziert haben, zeigen gleichzeitig erhöhte Sensibilität für ethische Fragen rund um KI.
Die Botschaft ist klar: Vertrauen in KI ist eine Funktion von Alter, Einkommen und erlebter Beziehung zur Organisation. Technologie allein überzeugt niemanden — sie muss in Werte eingebettet werden.
Checkliste: Erfolgsfaktoren für NGOs beim Einsatz von KI
Damit der KI-Einsatz nicht zur Vertrauensfalle wird, sollten Non-Profits lt. dieser Studie folgende Punkte beherzigen:
- Backend first: KI zuerst in Bereichen wie Betrugserkennung und Prozessoptimierung einsetzen.
- Mensch bleiben: KI muss den Menschen unterstützen, nicht ersetzen.
- Datenschutz sichern: Strenge Sicherheitsstandards und Datenschutzrichtlinien etablieren.
- Transparenz leben: Offene Kommunikation über alle KI-Einsätze, leicht zugängliche Informationen auf der Website.
- Opt-in/Opt-out anbieten: Spender*innen sollten selbst entscheiden können, ob sie personalisierte KI-Angebote möchten.
- Ethische Richtlinien entwickeln: KI-Strategien mit ethischem Rahmen versehen und extern prüfen lassen.
- Bildungsarbeit leisten: Spender*innen und Mitarbeitende über Chancen und Risiken von KI aufklären.
- Pilotprojekte starten: Neue KI-Anwendungen klein testen und aus den Erfahrungen lernen.
KI als Ergänzung und Werkzeug des Menschen
Künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen für NGOs — aber nur, wenn sie klug, verantwortungsvoll und transparent eingesetzt wird. Wer die menschliche Verbindung stärkt, anstatt sie zu ersetzen, nutzt die Technologie auf die beste Weise. Wer dann noch transparent über die KI-Nutzung kommuniziert, macht alles richtig.
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